Bei der Arbeit an unserem Buch „Hochsensibilität und seelische Gesundheit“ haben wir eine Reihe von sensiblen Menschen getroffen, die uns erzählt haben, dass sie unter leichtem, oft unterbrochenem Schlaf leiden. Sie berichteten, wie Geräusche in der Nacht, Schnarchen oder eine nahe Kirchturmuhr ihren Schlaf beeinträchtigen können und dass sie oft gerade in den Morgenstunden viel zu früh erwachen. Die Ereignisse des Vortags kreisen in ihren Gedanken. Eine neue Studie zeigt, dass hochsensible Menschen oft mit Schlafproblemen zu kämpfen haben. In diesem Artikel erfährst du, welche Tipps für besseren Schlaf bei Hochsensibilität helfen können.
Welche Merkmale der Hochsensibilität haben mit Erholung und Schlaf zu tun?
Hochsensibilität, oder sensorische Verarbeitungssensibilität (SPS), beschreibt Menschen, die auf Reize aus der Umwelt besonders stark reagieren. Sie verarbeiten Eindrücke intensiver und tiefgehender, was dazu führt, dass sie leicht überreizt oder erschöpft sein können. Typische Merkmale sind eine erhöhte Wahrnehmung von Licht, Geräuschen oder Gerüchen und ein besonders intensives Empfinden von positiven wie negativen Emotionen. Das macht hochsensible Menschen zu empathischen und reflektierten Personen, bringt aber auch einige Herausforderungen mit sich – besonders, wenn es um den Schlaf geht.
Tipps für besseren Schlaf bei Hochsensibilität: Ruhe und Erholung finden
Für hochsensible Menschen ist Schlaf ein besonders heikles Thema. Die Studie zeigt, dass sie häufig unter Schlafproblemen wie Insomnie leiden. Das liegt an einer erhöhten Schlafreaktivität: das heißt, Hochsensible reagieren oft schon auf leicht belastende oder nervige Ereignisse aus dem vergangenen Tag mit Schlafstörungen.
Die Sensibilität kann sich besonders dann auf den Schlaf auswirken, wenn die Verarbeitung von Reizen und Eindrücken des Tages nicht ausreichend abgeschlossen wird. Wenn du hochsensibel bist, findest du hier wertvolle Tipps für besseren Schlaf:
- Ruhe und Rückzug: Für Hochsensible ist es wichtig, in ihrem Alltag regelmäßig Ruhezeiten einzuplanen und sich in eine ruhige Umgebung zurückzuziehen. Ein abgedunkelter Raum oder eine Phase ohne äußere Reize hilft dem Nervensystem, sich von den Eindrücken des Tages zu regenerieren.
- Stressmanagement: Stress kann für hochsensible Menschen besonders belastend sein und Schlafstörungen verstärken. Methoden wie Achtsamkeitsübungen, Tagebuchschreiben oder Entspannungstechniken sind daher hilfreich, um sich vor dem Schlafengehen zu beruhigen.
- Positive Umgebung: Ein Umfeld, in dem du dich sicher und geborgen fühlst, kann deine Schlafqualität erheblich verbessern. Es hilft, in einer harmonischen und ruhigen Atmosphäre zur Ruhe zu kommen. Manchmal genügt es, auf ein aufgeräumtes, reizarmes Schlafzimmer zu achten.
- Reizüberflutung minimieren: Du kannst Überreizung vorbeugen, indem du tagsüber laute, hektische oder grelle Umgebungen vermeidest, wenn möglich. Dadurch fällt es oft leichter, abends zur Ruhe zu finden und zu entspannen.
- Gesunde Schlafhygiene: Ein regelmäßiger Schlafrhythmus, ein ruhiges und dunkles Schlafzimmer sowie der Verzicht auf Koffein und Alkohol am Abend können das Ein- und Durchschlafen erleichtern.

Wie Yoga Nidra Hochsensiblen zu besserem Schlaf verhilft
Im Buch „Hochsensibilität und seelische Gesundheit“ haben wir das verhaltenstherapeutische Schlaftraining beschrieben und Tipps für besseren Schlaf bei Hochsensibilität gegeben.
Neben diesen klassischen Ansätzen gibt es auch eine weniger bekannte, aber wirksame Selbsthilfetechnik, die sich besonders für hochsensible Menschen eignet: Yoga Nidra.
Yoga Nidra wird oft als „Schlaf des Yogis“ bezeichnet und ist eine tiefenentspannende Meditationstechnik, die das autonome Nervensystem beruhigt und somit ideal für Hochsensible ist. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass Yoga Nidra das parasympathische Nervensystem aktiviert und dadurch den Cortisolspiegel senkt. Dies hilft hochsensiblen Menschen, Erregungszustände abzubauen und in einen regenerativen Zustand zu kommen. Es ist ein absichtliches Erholen wie im Schlaf, aber ohne zu schlafen.
Yoga Nidra wird im Liegen durchgeführt und bringt Körper und Geist schrittweise in einen Zustand der bewussten Entspannung und nicht-fokussierten Wahrnehmung.
Dabei liegst du bequem auf dem Rücken und erlebst eine wohltuende, entlastende innere Reise durch deine verschiedenen Körperteile, die dich Stück für Stück in eine tiefe Entspannung führt.
Hier ist eine kurze Anleitung, um Yoga Nidra selbst auszuprobieren:
- Vorbereitung: Lege dich bequem auf den Rücken, idealerweise mit einer Decke, um dich warmzuhalten. Schließe die Augen und nimm dir einen Moment, um ganz ruhig zu werden.
- Atemfokus: Beginne, tief und ruhig zu atmen. Konzentriere dich auf deinen Atem und lasse jegliche Spannung los.
- Körperreise: Führe deine Aufmerksamkeit nacheinander zu verschiedenen Körperteilen, beginnend bei den Zehen und allmählich nach oben zum Kopf. Spüre jede Körperregion bewusst und entspanne sie jeweils ein wenig tiefer.
- Visualisierung und „Sankalpa“: Wenn du magst, folgt eine kurze Phase der Visualisierung, in der du dir friedliche Bilder oder Szenen vorstellst, um die Entspannung weiter zu vertiefen. In dieser Phase kannst du auch eine Sankalpa, eine positive Affirmation oder Absicht, für dich selbst formulieren. Diese Affirmation kann dabei helfen, das Unterbewusstsein auf ein bestimmtes Ziel auszurichten und langfristig eine positive Veränderung zu bewirken. Das könnte beispielsweise „innerer Frieden“ oder „Gelassenheit“ sein.
- Abschluss: Bleibe einige Minuten in dieser tiefen Entspannung und kehre dann langsam mit angenehmem Dehnen und Räkeln zurück ins Wachsein.
Ein schönes Beispiel für eine angeleitete Yoga Nidra-Sitzung findest du zum Ausprobieren auf YouTube.
Yoga Nidra ist besonders für hochsensible Menschen geeignet, da es den Geist in eine ruhige Balance bringt und dabei hilft, Reize gezielt loszulassen. So können Körper und Geist vor dem Schlafengehen in einen tiefen Entspannungszustand gelangen. Mit dem regelmäßigen Üben von Yoga Nidra – auch als Nachmittagspause – kann das Nervensystem zunehmend gestärkt werden, was mit der Zeit immer mehr zu einer Verbesserung der Schlafqualität führen kann.
Fazit: Selbstfürsorge und das richtige Umfeld für guten Schlaf
Als hochsensibler Mensch hast du besondere Bedürfnisse, wenn es um Erholung und Schlaf geht. Indem du dir Rückzugsorte schaffst und Entspannungstechniken gezielt einsetzt, kannst du Überreizung und Schlafproblemen vorbeugen. Wenn du selbst Ein- oder Durchschlafprobleme hast, nutze unsere Tipps für besseren Schlaf bei Hochsensibilität, um deine Empfindsamkeit positiv zu leben und gleichzeitig für ausreichend Erholung zu sorgen.
Hast du bereits Erfahrungen mit Yoga Nidra oder einer ähnlichen Entspannungstechnik gemacht? Teile es gerne in einem Kommentar unter diesem Artikel und erzähle uns, was dir am besten hilft.
Herzliche Grüße
Birgit
Hinweis: Jeder Mensch ist individuell, und was für die einen hilfreich ist, muss nicht zwangsläufig auch für alle anderen funktionieren. Bei anhaltenden Schlafproblemen ist es auf jeden Fall ratsam, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Literaturquellen dieses Artikels
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Chauhan, Arohi. „Yoga Nidra: A Yogic Technique against Stress“. International Journal of Indian Psychology 8, Nr. 4 (22. November 2020). https://ijip.co.in/index.php/ijip/article/view/2655
Kumari, Mgwr, und Hkbs Karunaratne. „Therapeutic Effects of Yoga Nidra: A Review“. International Journal of Health Sciences and Research 12, Nr. 12 (22. Dezember 2022): 148–53. https://doi.org/10.52403/ijhsr.20221224
Pieroni, Ilde, Antonino Raffone, und Luca Simione. „Sleep Reactivity Mediates the Relationship between Sensory-Processing Sensitivity and Insomnia Symptoms Severity: A Cross-Sectional Correlational Study“. Stress and Health 40, Nr. 2 (2024): e3297. https://doi.org/10.1002/smi.3297
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